Mehr Löwen in Indien – aber noch längst kein Grund zum Jubeln

Der Gir Nationalpark hat gerade gemeldet, dass in den Sommermonaten rund 90 Löwenbabys geboren wurden – 15 mehr als im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Auch das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Löwen hat sich deutlich verbessert: 97 Löwen und 162 Löwinnen bilden einen gute Basis für mehr Nachwuchs. Aber das ist noch lange kein Grund zum Jubeln. Denn das Schutzgebiet in Gujarat ist längst schon zu klein für den derzeitigen Bestand. Dies hat in der Vergangenheit bereits dazu geführt, dass Löwen sich bereits mehrfach weit aus dem Schutzgebiet entfernt haben und auf der Suche nach Nahrung bis zur 50 Kilometer weit entfernten Küste bei Somnath herumgestreift sind. Dass es dabei auch zu Konflikten mit der ländlichen Bevölkerung kommen musste, ist klar.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, empfehlen Wissenschaftler, die Einrichtung neuer Schutzgebiete. Dies wurde schon versucht, ist aber kläglich gescheitert, weil bisher keine entsprechend geeignete Gebiete ausgewiesen wurden. Der Plan, Löwen aus Gujarat in anderen Regionen umzusiedeln, scheiterte bisher am Veto der Regierung des Bundesstaates Gujarat, die den Ruf des Staates als letztes Refugium des asiatischen Löwen eifersüchtig hütet. Das für die Umsiedelung vorgesehene Kuno-Reservat in Madhya Pradesh wäre allerdings ohnehin kein idealer Lebensraum für den „König der Tiere“.  Denn dort dominieren mächtigere Konkurrenten –Tiger.  Sie würde den Neuankömmlingen in kurzer Zeit den Garaus machen.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts kamen in Indien Löwen und Tiger in großer Zahl vor. Beide wurden heftig bejagt und weitgehend ausgerottet. Wobei die Löwen die schlechteren Karten hatten. Sie bevorzugen offenes Grasland als Jagdgebiet und jagen in Familienverbänden. Tiger sind Einzelgänger und bewegen sich – für Menschen meist kaum sichtbar – im dichten Dschungel. So ist der Gir Nationalpark tatsächlich bis heute die letzte Zuflucht der asiatischen Löwen, die einst vom Mittelmeer bis nach Nordindien verbreitet waren.

Auch wenn es gelänge, Löwen aus Gir in andere Regionen umzusiedeln, bliebe ein weiteres riesiges Problem: Inzucht, weil sich die indische Löwen-Population seit Generationen fast nur innerhalb der Familie fortplanzt. Auch in Gefangenschaft gibt es kaum noch reinrassige asiatische Löwen, weil Zoos früher unbekümmert asiatische und afrikanische Löwen zusammengesperrt haben und das Genmaterial entsprechend verunreinigt ist.

Auch an diesem Beispiel zeigt sich: was der Mensch ausrottet, ist beim besten Willen unwiederbringlich verloren.

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